Wer hören will, muss fühlen!
Die Gehörbildungsmethode an der SJS ist das vielleicht ohrenscheinlichste besondere Merkmal unserer Schule.
Der Klassenunterricht in Gehörbildung fördert mit dem Anspruch einer gesamtheitlichen musikalischen Bildung auf unterschiedlichen Niveaus und als Pendant zum Instrumentalunterricht das Verständnis von musikalischen Merkmalen (Klänge, Klangfarben, Klangfolgen) und Zusammenhängen. Die praxisorientierte Verschränkung von Gehörbildung und Theorie berücksichtigt den melodischen, den harmonischen, den rhythmischen und den formalen Aspekt der Musiklehre. Dies führt zu einer lebhaften Tonvorstellung, schult das analytische Hören und macht den Tonalitätsbegriff erlebbar.
Der Lehrgang wurde von Eugen Irniger aufgebaut und in über 40 Jahren Unterrichtspraxis stets weiterentwickelt und angepasst und ist somit in dieser Art nur an der SJS zu belegen.
Von absoluten Basics ausgehend hilft die Methode den Studierenden in der Folge, das Ohr systematisch zu einem verlässlichen, in der Wahrnehmung fein nuancierten und somit auch (selbst-)kritischen Organ zu entwickeln.
Wir sprechen daher von ETR (Eartraining-Theorie-Rhythmik), nicht von reiner Theorie.
Unser Solfège ist praxisnaher Unterricht mit dem Ziel der tonalen Improvisation. Improvisierende Musiker*innen bedienen sich beim Spielen an einer Vielzahl von musikalischen Prinzipien gleichzeitig. Dies ist nur möglich, wenn die Skills, die dazu nötig sind sorgfältig aufgebaut und verinnerlicht werden. Das Üben am Instrument allein kann diesen Anforderungen nicht gerecht werden.
Die SJS-Methode trägt diesem Umstand Rechnung, indem die ETR-Kurse und der Instrumentalunterricht bezüglich Inhalt, Vorgehensweisen und Methodik aufeinander abgestimmt sind. Dies bedeutet, dass Themen und Übungen aus den ETR-Kursen im Instrumentalunterricht aufgenommen und in die Praxis umgesetzt werden. Für jede Instrumentengattung wurden entsprechende, detaillierte Lehrpläne ausgearbeitet.
Der Prozess der Gehörbildung steht im Zusammenhang mit erheblichem individuellem Zeitaufwand. In der Musik geschieht nichts von heute auf morgen. Nach dem gehörsmässigen und intellektuellen Erfassen eines musikalischen Zusammenhangs, eines Klangs oder einer Klangfolge soll die Auseinandersetzung damit so weit stattfinden, dass wir gefühlsmässig erkennen, was um uns herum geschieht und spontan und musikalisch schlüssig agieren und reagieren können.
Ein ausgeprägtes und lebhaftes Interesse an Melodie, Sounds, Klangfarben und Klangfolgen sowie an stilgerechter Rhythmik und Phrasierung ist also Voraussetzung für den Besuch unserer Kurse. Es wird die Fähigkeit vorausgesetzt, sich individuell in eine Sache vertiefen zu können und für die sogenannten “daily studies” einen kontinuierlichen persönlichen Arbeitsrhythmus zu finden. Dies gilt insbesondere für Anwärter auf die Bachelor Vorkurse des PreCollege. Wird diese Kontinuität gefunden, stellen sich rasch Etappen-Erfolge ein und Gehörbildung ist plötzlich alles Andere als trockene Theorie.
Practical Eartraining PET (Bachelor Vorkurs PreCollege, 60 Minuten)
Die ETR-Coaches
Benjamin Külling
Piano, ETR
Simon Petermann
Posaune, ETR
Johannes Walter
Trompete, Flügelhorn
ETR
Stewy von Wattenwyl
Schulleiter
Piano, ETR
Klaus Widmer
Co-Schulleiter
Saxofon, ETR, Ensembles
Musikausbildung mit dem Ziel der Jazzimprovisation
In der interpretierten Musik ist der ursprüngliche Akt des Erfindens einer musikalischen Aussage im Hinblick auf Melodie, Harmonie und Rhythmik vom Komponisten weitgehend erfolgt und festgelegt.
Der Interpretierende wiederholt diese Aussage in Vertretung des Komponisten. Dazu braucht es das nötige musikalische Einfühlungsvermögen, sowie eine ausgereifte Technik am entsprechenden Instrument. Persönliche Änderungen im Hinblick auf Stilistik und Tonmaterial sind sehr beschränkt und in der Regel unerwünscht.
In der improvisierten Musik ist die Ausgangslage ähnlich, der weitere Verlauf aber grundsätzlich verschieden. In der Regel wird auch hier eine kompositorische Aussage übernommen, Ziel für den Interpretierenden ist es aber, diese möglichst persönlich weiterzuentwickeln und umzugestalten.
Es ist also naheliegend, dass sich dieser fundamentale Unterschied auch in einer unterschiedlichen Musikausbildung niederschlagen sollte.
Konkret erhalten kompositorische Aspekte wie Gehörbildung, Harmonielehre und Rhythmik von Anfang an das gleiche Gewicht wie die technische Arbeit am Instrument.
Im Hinblick auf den gegebenen Zeitplan der Ausbildung bedingt dies eine andere Fokussierung der Schwerpunkte, was automatisch zu Kompromissen auf gewissen technischen Gebieten führen kann.
Die Ausbildung des bewussten Hörens im melodischen, harmonischen und rhythmischen Bereich ist im Allgemeinen mit sehr viel Zeitaufwand verbunden. Besonders das harmonische Gehör ist bei den meisten Studierenden wenig entwickelt. Eine regelmässige Beschäftigung mit dem Klavier oder Keyboard ist für sie unerlässlich.
Dies sollte im täglichen Übungsprogramm zeitgleich berücksichtigt werden.
Viele Aspekte der Gehörbildung können aber in einem entsprechend entwickelten technischen Programm am Instrument miteinbezogen werden, in dem z.B. im rein melodischen oder fingertechnischen Aspekt einer Tonleiterübung eine harmonische und/oder rhythmische Komponente hinzugefügt wird.
Diese Ausbildungsphilosophie ist die Charakteristik der SJS. Das gesamte Ausbildungsprogramm wurde im Verlauf des 40-jährigen Bestehens in diesem Sinne aufgebaut und weiterentwickelt. Die Lehrkräfte sind entsprechend ausgebildet und vermitteln diese Vernetzung von Komposition (Improvisation) und Technik in ihren Lehrprogrammen.